Als David Trachsel im Frühjahr 2020 das Präsidium der Jungen SVP übernahm, war von Corona noch keine Spur zu sehen, der Begriff „Woke“ war ein unbekanntes Fremdwort und ein Krieg in Europa galt als unvorstellbar. In diesem Interview spricht David Trachsel über die strategische Positionierung der Jungen SVP in den vergangenen vier Jahren, über den Ausgang der Wahlen und über die Zukunft der Jungpartei.
Herr Trachsel, Sie liessen über bald vier Jahre sehr viel von sich hören. Ihr persönlicher Wahlkampf im Kanton Aargau war im Vergleich eher leise. Wie geht so was zusammen?
Das lag daran, dass ich aus familiären Gründen in diesem Frühjahr von Basel nach Kaiseraugst in den Kanton Aargau umgezogen bin. Dementsprechend bin ich weder auf der Nationalrats-Liste der SVP Basel-Stadt noch auf jener der SVP Aargau gelandet. Um der SVP dennoch ein paar Stimmen zu besorgen, habe ich mich für die Liste der Jungen SVP Aargau zur Verfügung gestellt. Von dieser Liste aus sind die Aussichten auf eine Wahl aber schon rein mathematisch aussichtslos. Dementsprechend hatte ich guten Grund dazu, meine eigenen Ambitionen bei diesen Wahlen in den Hintergrund zu stellen und mich ganz auf den Wahlkampf der Jungen SVP Schweiz zu konzentrieren. Dabei verfolgte ich zudem die Devise, dass nicht nur ich, sondern auch andere junge talentierte Leute eine Bühne erhalten.
Wer waren diese jungen Leute?
Zum Glück haben wir bei der Jungen SVP einige davon. Ich würde sogar sagen, dass in jedem Kanton der Schweiz Talente bereitstehen, um zukünftig politische Verantwortung zu übernehmen.
Ihr Fokus lag also auf der Jungpartei. Was war aus Ihrer Sicht das Highlight des Wahlkampfes der Jungen SVP?
Nun, ich bin der Meinung, dass Wahlkampf immer stattfindet. Es gibt meines Erachtens nur wenige Politiker, von denen lange nichts zu hören ist und bei den Wahlen dank grossen Marketingaktionen dann doch Erfolg haben. Die Wähler mögen viel eher Politiker, welche sich durch langjähriges zuverlässiges Engagement auszeichnen. Das gilt sinngemäss auch für Parteien. Und die schlauen Politiker und Parteien achten sich zudem darauf, dass ihr langjähriges Engagement von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Mitte-Links kritisiert die SVP immer wieder unter dem Stichwort „Dauerwahlkampf“ für eben dieses Verhalten. Doch wenn wir ehrlich sind, ist dieses Verhalten wie vorhin gesagt, nichts als schlau. Und das war auch mein Motto für mich und die Junge SVP. Wir engagieren uns, auch wenn keine Wahlen anstehen und lassen die Öffentlichkeit an unserem Wirken teilhaben. Wenn Sie mich also über die Highlights des Wahlkampfes ausfragen, könnte ich Ihnen diverse starke Momente der Jungen SVP der letzten vier Jahre aufzählen.
Machen Sie mal.
In der letzte Wahlumfrage vom Meinungsforschungsinstitut Sotomo wird nach Gründen für die Wählerwanderung hin zur SVP gesucht. Der am öftesten genannte Auslöser für den Wechsel hin zur SVP war die Gender-Debatte und die „Wokeness“. An zweiter Stelle kommt die Corona-Pandemie. Alle weiteren Auslöser werden deutlich weniger häufig genannt. Und das finde ich bemerkenswert. Denn die Junge SVP hat in den letzten vier Jahren just auf genau diese beiden Themen gesetzt. Bereits sehr früh haben wir die Corona-Massnahmen der Regierung dezidiert kritisiert und sind diesem Kurs bis am Ende mit Erfolg treu geblieben. Den Terminus „Woke-Wahn“ haben wir – zumindest in der Schweiz – sogar selbst lanciert und etabliert. Dazu passend haben wir unter dem Motto „Stop Woke“ eine umfassende Kampagne gegen diesen Woke-Wahn gefahren. Es ist fast ein wenig verblüffend, aber heute können wir sagen, dass die Junge SVP in den letzten vier Jahren auf die beiden bestmöglichen Themen gesetzt hat. Und dies vor allem auch deshalb, weil die Junge SVP immer in Ergänzung zur Mutterpartei arbeiten muss. Diese hat ihrerseits bravourös die Themen Einwanderung, Asyl und Energiekosten angepackt. Es war also an uns, andere Themen und andere gesellschaftliche Diskussionen zu finden, welche die Leute bewegen aber nicht von der SVP bereits angepackt wurden. Und ich würde sagen – Mission geglückt.
Tatsächlich hat sich die Junge SVP sowohl bei der Corona-Pandemie wie auch beim Thema Woke sehr früh in die Debatte eingemischt. Das Thema Woke wurde gar zu einem Zeitpunkt lanciert, als in der Schweiz noch fast niemand wusste was Woke überhaupt ist. An was haben Sie jeweils so früh gemerkt, dass genau diese Themen die richtigen sind?
Das tönt jetzt ein wenig plump, aber das muss man spüren. Und ja, dieses Gespür kommt natürlich nicht von irgendwo, sondern beruht auf einer sauberen Beobachtung gesellschaftlicher Entwicklungen, sozialpsychologischer Aspekte und natürlich auch auf guten Kenntnissen betreffend die Logik der Massenmedien. Diese Aspekte kommen mir als erste in den Sinn. Es gäbe aber sicher noch einige weitere Fassetten, die da reinspielen.
Kommen wir zur Zeit der letzten paar Monate vor den Wahlen zurück. Was war aus Ihrer Sicht da das Highlight für die Junge SVP?
Da könnte ich jetzt vieles aufzählen. Die unheimlich grosse Anzahl Anlässe die die Kantonalsektionen durchgeführt haben, unsere Kampagne „Sägs eifach“ für die Meinungsfreiheit oder unsere Mobilisierungsaktion. Für mich am deutlichsten hervorgestochen ist jedoch der Auftritt der Jungen SVP am Wahlauftakt der Mutterpartei. Unser Redner-Duo bestehend aus dem Berner Nils Fiechter und der Baselbieterin Sarah Regez hat Land auf Land ab für Gänsehaut und Begeisterung gesorgt. Die beiden sind auch deshalb besonders erwähnenswert, weil sie bei den Wahlen überragend abgeschnitten haben.
Wie sehen Sie die Zukunft der Jungen SVP?
Das Wichtigste für die Partei wird es sein, immer wieder zu erkennen, welches die perfekten Themen sind und diese dann mit Elan und voller Feuerkraft anzugehen. Wenn uns dies gelingt, wird die Junge SVP eine relevante Partei der Schweiz bleiben. Zudem wünsche ich mir sehr, dass unsere jungen Nationalräte, allen voran Mike Egger aus St. Gallen, Benjamin Fischer aus Zürich und Katja Riem aus Bern, die Kraft und die Gunst haben, Einschränkungen, Regulierungen und Verbote abzubauen und uns allen damit das Leben vereinfachen.